Vom Nischenanbieter zum vollständigen Portfolio – die Transformation der LINK Gruppe

Die LINK Gruppe erkannte die Chance im größeren Gelenkersatzmarkt und entwickelte sich vom Nischenspezialisten für Revisionen zu einem Komplettanbieter für die primäre Endoprothetik. Wir haben mit Peter Willenborg, Managing Director und CEO, über die neue Wachstumsphase, die die strategische Entscheidung für das Unternehmen ergab, den Zustand des Marktes für Gelenkersatz, die Zukunft der unterstützenden Technologien sowie die Herausforderung gesprochen, die die EU-Medizinprodukteverordnung bedeutet.

 

 

 

 

von Carolyn LaWell (ORTHOWORLD) am 6. März 2025


 

Waldemar Link (LINK) erkannte ungenutztes Marktpotenzial und traf daraufhin die strategische Entscheidung, vom
Spezialisten für Revisionsimplantate und onkologische Gelenkendoprothesen zum umfassenden Komplettanbieter zu expandieren. Vor einigen Jahren hat das Unternehmen den Ausbau seines Portfolios
an Knie-, Hüft- und Schulterimplantaten erfolgreich abgeschlossen, und die Entscheidung hat ein deutliches Wachstum herbeigeführt.

Mit einer Steigerung um 16 % zwischen 2023 und 2024 lag LINK deutlich über dem von ORTHOWORLD prognostizierten Durchschnitt von 5,4 % beim  Gelenkersatz.
Managing Director und CEO Peter Willenborg führt das Wachstum von LINK auf mehrere Faktoren zurück, darunter Investitionen
in neue Produkte, die Fähigkeit, Lieferkettenengpässe abzuwenden, da die Fertigung zu 95 % in Eigenregie erfolgt,
und der Ausbau der Präsenz im starken US-Markt.


„Unser Hauptziel für 2025 ist die umfassende Weiterentwicklung der gesamten Organisation“, berichtet Herr Willenborg.
„Wir erleben ein starkes Wachstum und müssen die Produktions- und Support-Prozesse erweitern,
um das hohe Niveau unseres Kundenservice weltweit aufrechtzuerhalten.”

 


Seit seiner Gründung im Jahr 1948 hat sich LINK längst als eines der größten unabhängigen Privatunternehmen im Bereich der Orthopädie etabliert. Wir haben mit Herrn Willenborg über die von ihm genau beobachteten Entwicklungen im Markt für Gelenkersatz gesprochen und nachgehört, wie sie seine Vision für die Zukunft des Unternehmens beeinflussen.
 

Wie würden Sie den aktuellen Markt für Gelenkersatz beschreiben?
Herr Willenborg:Der Markt für Gelenkersatz ist vom Megatrend einer wachsenden älteren Bevölkerung und deren Erwartungen an ein aktiven Leben im Alter geprägt. Dies wird sich vorerst auch nicht ändern. Wir erwarten in den USA und in anderen Märkten ein stärkeres Wachstum als vor der Pandemie. Ich denke, dass es sich hier um einen neuen Normalzustand handelt, denn die Megatrends wirken stärker als je zuvor, und die Nachfrage nach Revisionsprodukten steigt weiterhin.


Welche spezifischen Möglichkeiten bietet der aktuelle Markt für LINK?
Herr Willenborg:Zurzeit gibt es jede Menge Marktchancen. Unser Kerngeschäft – Lösungen für komplexe Revisionen und für die Onkologie – ist ein stark wachsendes Segment. Die Zunahme an Primäreingriffen in den letzten Jahren hat auch die Anzahl der Revisionen noch einmal erhöht, und hier liegt unser größtes Potenzial. Wir beobachten immer komplexere Revisionen, die sehr spezifische Lösungen erfordern, und genau das bieten wir mit unserem Standardsortiment und unseren Sonderanfertigungen an.

Ein weiteres Segment, in dem wir in den kommenden Jahren ein Wachstum über Marktniveau erwarten, ist unser Sortiment für die Primärchirurgie: Wir haben ein komplettes Portfolio für die Primärversorgung von Hüfte, Knie und Schulter entwickelt. Es ist seit etwa drei Jahren erhältlich, und die bisherigen klinischen Daten sind sehr vielversprechend. Nun können wir es in wesentlich größerem Umfang anbieten. Daraus werden sich weitere Möglichkeiten ergeben, die sich jetzt nur schwer voraussagen lassen.


 

Was hat Sie dazu bewogen, ein Portfolio für die Primärversorgung aufzubauen?
Herr Willenborg: Wir waren auf der Suche nach Wachstumschancen. Aus unserem Revisionsgeschäft hatten wir sehr stabile Kundenbeziehungen und kannten Operateure, die sich bessere Lösungen für Primärverfahren wünschten. Die Neuausrichtung gestaltete sich herausfordernd, doch die Entscheidung fiel angesichts des Wachstumspotenzials leicht.

Wir entwickeln unsere Produkte auf Grundlage des Feedbacks zahlreicher Spitzenchirurgen aus der ganzen Welt, insbesondere aus den USA. Die Entwicklung dauerte etwa acht Jahre und bedeutete für das Unternehmen eine massive Investition. 2021 und 2022 wurden die neuen Produkte fertiggestellt und erhielten die Marktzulassung für Europa – kurz vor Einführung der neuen Medizinprodukteverordnung (MDR), was sehr wichtig war – und für die USA. Seitdem liegt unser Fokus auf der Skalierung und dem Wachstum des Unternehmens.



Wie hat die MDR Ihre Strategie in Europa beeinflusst?
Herr Willenborg:Die MDR ist in Europa ein großes Thema. Da wir unsere MDR-Zertifikate bereits erhalten haben, ist sie für uns mittlerweile nicht mehr so relevant. Um dahin zu kommen, hat das Unternehmen jedoch viel Arbeit und Geld investiert. Es gibt ein paar Nischenprodukte, die wir nicht registrieren konnten und aus unserem Portfolio nehmen mussten, was für die Patienten nicht gut ist.

Die größte Herausforderung bei der Weiterentwicklung besteht in der Registrierung neuer Produkte, weil der Vorgang nun wesentlich länger dauert als vor der neuen Verordnung. Was Innovationen angeht, hinkt Europa dem Rest der Welt meiner Meinung nach fünf Jahre hinterher. Unser Unternehmen wird sich stärker auf F&E-Projekte in den USA konzentrieren, wo die FDA ein transparentes System für die Produktregistrierung bietet. Innovationen von LINK werden daher zuerst in den Vereinigten Staaten verfügbar sein.



 

Sie bieten präoperative Planungen an und haben Roboter-Partnerschaften. Werden wir in Zukunft mehr unterstützende Technologien in Ihrem Portfolio sehen?
Herr Willenborg:Technologie spielt in unserer Branche eine zunehmend wichtigere Rolle, auch wenn dies nicht immer durch klinische Evidenz gestützt wird. Doch junge Chirurginnen und Chirurgen werden in Robotersystemen geschult und die Technik entwickelt sich weiter, daher besteht kein Zweifel, dass sie in unserer Branche ihren Platz hat.

Unsere Strategie folgt zwei Ansätzen. Der eine besteht in der Offenheit gegenüber hochspezialisierten Lösungen, die sich von etablierten Technologien deutlich unterscheiden und auf die wir über Partnerschaften keinen Zugriff haben. In diesen Fällen entwickeln wir die Technologien selbst und bringen sie auf den Markt. Hier macht das CORE-System den Anfang.

Außerdem arbeiten wir mit strategischen Partnern zusammen, die offene Plattformarchitekturen anbieten. Wir arbeiten in den USA mit THINK Surgical und in Europa mit OrthoKey zusammen, um Zugang zu Robotersystemen zu erhalten. Außerdem kooperieren wir mit ArthroLense, einem Unternehmen, das bildgestützte chirurgische Lösungen anbietet. Wir sind der Ansicht, dass offene Plattformen die beste Lösungen für Krankenhäuser sind. Sie können sie als Tool für die Personalrekrutierung nutzen, breit gefächerte Produkte erwerben und frei wählen, welches System sie nutzen möchten.


Erleben Sie Unterschiede im Interesse an unterstützenden Technologien in den USA und in Europa?
Herr Willenborg: Die USA stehen Technologien offener gegenüber und implementieren sie schneller. In Europa wächst das Interesse zwar, doch ich bezweifle, dass der Marktanteil so hoch wird wie in den Vereinigten Staaten. Zudem erschwert die MDR die Einführung von Technologien in Europa.


Sie bieten maßgeschneiderte Produkte an. Wie passt das in Ihr Portfolio und in Ihre Gesamtstrategie?
Herr Willenborg:Sonderanfertigungen sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Angebots für komplexe Revisions- und onkologische Fälle. Unser Anspruch ist es, für jeden Fall eine Lösung anzubieten und unsere Kunden in keiner Situation allein zu lassen. Individuelle Implantate sind sehr arbeitsintensiv und wir haben bereits mehr als 40.000 Sonderanfertigungen für jeden Teil des Körpers angefertigt.

Maßgefertigte Prothesen bilden häufig die Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung und umfassendere Zusammenarbeit mit dem Kunden. Daraus ergibt sich die spannende Situation, dass wir nützliches Feedback für die Entwicklung von Standardimplantaten erhalten. Wenn wir feststellen, dass eine bestimmte Revision gehäuft durchgeführt wird, spricht unser F&E-Team mit den Operateuren und nimmt Anpassungen an unseren Primärprodukten vor – auch an unserem OptiStem.



Auf welche bevorstehenden Produkteinführungen freuen Sie sich besonders? Ich habe gesehen, dass Sie gerade die FDA 510(k)-Zulassung für Ihr CORE Schulter System erhalten haben.
Herr Willenborg:Ja, CORE Schulter ist ein intelligentes Instrument, mit dem Chirurgen präziser und schneller arbeiten können, wodurch sich die Dauer der Eingriffe verkürzt. Es ist eine sehr wichtige Produkteinführung, die da gerade stattfindet.

Im Kniebereich arbeiten wir weiterhin an der Einführung unseres neuen Kniesystems für Primär- und frühe Revisionseingriffe, dem LinkSymphoKnee System. Es ist unser größter Launch in den letzten Jahren und wir befinden uns hier noch in der Anfangsphase. Das System ist sehr vielseitig und bietet viele Optionen wie unsere keramikähnliche PorEx Beschichtung zur Reduzierung der Metallionenfreigabe.

In unserem Revisionssegment wird der OptiStem für Patienten mit mangelhafter Knochenqualität, hohem Knochenverlust und vorangegangener Implantatlockerung auf den Markt gebracht. Er wird in Verbindung mit unseren Knie- und distalen Femurersatzsystemen eingesetzt und bietet langfristige Stabilität in sehr schweren Fällen.

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