Revision einer rotationsinstabilen Tibiakomponente mit individuellem TrabecuLink Tibia-Hybridkonus bei epi-metaphysärem Defekt

Fallbericht: directLINK 1/2020


Nach der Primärimplantation einer Kniegelenkprothese 2003, einem Inlaywechsel 2004 und einer Revision der Knieprothese 2011 aufgrund einer Implantatlockerung zu einer LINK Endo-Modell Rotationsknieprothese mit tibialem LinkSpacer stellte sich ein Patient 2017 wegen anhaltender Beschwerden vor. Während die Röntgenbilder eine erneute tibiale Lockerung zeigten, ergab die diagnostische Kniepunktion keine Auffälligkeiten. Da die primärversorgende Klinik eine erneute Revision aufgrund der Komplexität des Eingriffs ablehnte, wurde der Patient an die Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover im DIAKOVERE Annastift überwiesen. 


Während die Röntgendiagnostik eine tibiale Implantatlockerung und eine Patella baja zeigte, stellte sich der femorale Teil der Prothese radiologisch und szintigraphisch fest verankert dar; eine erneute Kniepunktion ergab keinen Keimnachweis. Klinisch zeigte sich eine reizlos verheilte Narbe ohne Infektionszeichen bei ausgeprägtem intraartikulärem Erguss, der im Röntgenbild mit überwiegend dorsaler Synoviaverdickung zu erkennen war. Die Extension/Flexion betrug 0–5–95°. 

Da die Lebensqualität des 1,80 m großen und 96 kg schweren Patienten stark eingeschränkt war und eine Implantatlockerung vorlag, war eine Revision indiziert. Der fest verankerte femorale Implantatanteil sollte erhalten bleiben und ein Austausch der rotational instabilen Tibiakomponente erfolgen. 

Massiver ungedeckter Epiphysendefekt macht die Anwendung eines Standardimplantats unrealistisch. 

Die Strategie für die Revision bestand in der Erstellung einer rotationsstabilen metadiaphysären Verankerung für die Prothese mit Rekonstruktion der Epiphyse. Aufgrund des massiven ungedeckten Epiphysendefekts war dies mit einem Standardimplantat jedoch nicht durchführbar. Daher fertigte customLINK einen individuellen Pressfit-Tibia-Hybridkonus an, der weitgehend zementfrei in der Metaphyse verankert werden konnte und in den der Prothesenschaft einzementiert wurde. Wegen der Patella baja und zur Reduzierung des Patella-Impingements wurde die Gelenklinie tibial um 5 mm nach kaudal versetzt. 

Tibia-Hybridkonus mit „Barriere“ zur Abschottung des Zements 

Der teilweise zementfrei mit der TrabecuLink Struktur im Knochen und im Bereich der fehlenden Kortikalis des Tibiakopfes außen teils glatt ausgeführte Tibia-Hybridkonus weist ebenso wie die Standardkonen eine interne „Barriere“ zur Abschottung des Zements auf, mit dem der Prothesenschaft verankert wurde. Eine Rinne im glatten Konusbereich ermöglichte optional eine Cerclage zur zusätzlichen Stabilisierung. Der kaudale Ausschnitt am Konus ermöglichte das Durchführen des Schafts.

Die präoperative Planung konnte intraoperativ uneingeschränkt umgesetzt werden. Die gute Primärstabilität des Tibia-Hybridkonus ermöglichte den Verzicht auf eine zusätzliche Verlängerung der Prothesenaufnahme.

Keine postoperativen Komplikationen; sehr gute Schmerzreduktion

Der postoperative Verlauf gestaltete sich zunächst komplikationsfrei. Der Patient konnte frühzeitig mobilisiert werden und erreichte bereits nach wenigen Tagen eine Flexion von 90°. Der postoperative Röntgenbefund war unauffällig. Eine Hämatominfektion nach drei Wochen mit Nachweis von Staphylococcus aureus führte nach einmaliger Wundrevision mit Inlay-Wechsel und Antibiose zu trockenen und reizlosen Wundverhältnissen. Im Anschluss zeigte sich ein komplikationsloser Verlauf ohne Hinweis auf eine Infektpersistenz.

Aktuell beschreibt der Patient eine sehr gute Schmerzreduktion im Vergleich zur präoperativen Situation ohne Einnahme von Analgetika.
 

Präoperative Röntgenaufnahmen zeigen eine Revisionsknieprothese mit korrekter Passform und deutlichen Anzeichen einer Lockerung in der Tibia und des Retropatellaersatzes (1, 2). Der Planungsansatz sieht einen Standard-Tibiakonus vor, der sich jedoch als zu klein erwiesen hat (3, 4).
 


CT-basierte Planung des Tibiakonus von customLINK mit TrabecuLink Oberfläche (blaue Zonen) zur zementfreien Verankerung (1); Tibiakonus von customLINK mit TrabecuLink Beschichtung (2), Rück-, Seiten- und Frontalansicht; individueller, formgleicher, additiv gedruckter Kompressor (3, 4).

 

Röntgenaufnahmen a.p. und lateral sechs Wochen nach der OP: korrekte Lage der Revisionsprothese mit physiologischer Patellaartikulation; guter Pressfit-Sitz der metaphysären Tibiakomponente; prophylaktisch angelegte Sicherungscerclage (1, 2).

Kontakt: PD Dr. Tilman Calliess

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